
sehr gut erinnere ich meinen ersten Besuch im Pergamon Museum* zu Berlin, er hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Die Träger damaliger Hochkulturen waren in der Regel Stadtstaaten, die in ihrem Inneren eine Monumentalarchitektur schufen, die eine erkennbare Widmung auszeichnete, und die Mythen und Narrative, zumeist als Reliefe und Mosaike ausgeführt, schmückten. Mittelalterliche Gildehäuser, Kirchen und Rathäuser hatten neben ihrer reinen Funktionalität auch eine symbolische Form. Moderne Großarchitekturen tragen hingegen in der Regel Markensymbole von Banken, Versicherungen, Industriebetrieben. Öffentliche Plätze werden zu funktionalen Hubs der Verkehrsbetriebe oder bieten keine Verweilmöglichkeiten aus Gründen der „Stadthygiene“.
Das in den Industrieländern ehedem vorherrschende Subjekt (other-directed-character**, Peer Orientierung ) ist auf dem Rückzug. Mit der Transformation der Ökonomien in der Postmoderne hin zu einer cognitiv-kulturellen***, zu Lasten der industriellen Ökonomie, beobachten wir auch eine Veränderung der beteiligten, betroffenen Subjekte, Individuen. Die momentan in der reproduktiven Phase ihrer Generation Befindlichen versuchen den Spagat zwischen Selbstentfaltung , -verwirklichung und sozialem Erfolg, Anerkennung und hohem gesellschaftlichen Status unter hohen Risiken. Mentale Backlashs vor diesem Motivationshintergrund sind signifikant in den Statistiken (mental health issues). Die Selbstverwirklichungsintention ist vornehmlich hedonistisch geprägt (inner-directed) und beeinflusst die Semantik der Akteure. Ein selbstreferenzieller Code, der die persönliche Gefühlslage abbildet, ist so zu beobachten : die Entkopplung von einer, immer wieder festzustellenden, Wirklichkeit (Realitätsprinzip), hin zu einer Sprache, die die eigene Meinung als Prinzip in den Vordergrund stellt.

*seit Oktober 2023 für dreieinhalb Jahre geschlossen, Bilder Wiki Creative Commons; **The Lonely Crowd, A study of the Changing American Character, D. Riesman, New Haven 2001; *** Begriff entlehnt von A. Reckwitz