Günter Lamprecht, Orthopädiehandwerker und Schauspieler, der den Franz Biberkopf genial verkörperte, den Kleinluden, Kleinkriminellen, der seine Freundin Ida totschlug, der sagte, Wie soll man leben, wenn man nicht sterben will.

Wir hatten eine kurze Begegnung in Heidelberg, abends an der Heilig Geistkirche. Schauen wir ihn an. Ein gutes, glaubwürdiges Casting vertraut ja auf die Fähigkeiten des Schauspielers eine Rolle zu verkörpern, aber auch darauf, daß ihm eine Rolle auf den Leib geschrieben scheint, bzw. daß eine bestimmte Physiognomie eine Characterrolle glaubwürdig verkörpern kann. Die Ableitung von Charactereigenschaften aus der Physiognomie war auch Gegenstand der faschistischen Rassenlehre. Es könnte gut sein, daß KI uns hier in Kürze im Verständnis der Zusammenhänge weiterbringt. Wir könnten dann ebenso folgern, daß eine genetische, epigenetische Disposition maßgeblich, im Wechselspiel mit sozialpsychologischen Einflüssen, den Character und damit das Handeln des Menschen formt und bestimmt. Die Beeinträchtigung der Handlungskompetenz eines Individuums, bzw. die Abbildung menschlichen Handelns in einer Handlungsregulationstheorie (Hacker, Wolpert) ermöglicht auch, daß sogenannte Partialhindernisse (bei Freud Partialtriebe) zur Beschreibung eines vorliegenden Verhaltens geeignet sind. Bei chronischen Verhaltensabweichungen, bei Individuen also, die eine kriminelle Karriere aufzeigen, die grundsätzlich gegen gesellschaftlich anerkannte Normen verstoßen, sich moralisch, ethisch und strafrechtlich verwerflich verhalten, gibt es neben der Erklärung über eine narzistische Persönlichkeitsstörung eben auch solche, die eine, vereinfachend gesagt, Veranlagung zu diesem Verhalten annehmen, also auch eine genetische Disposition für möglich halten. Das codierte Böse.